Zur Geschichte des PBSV

Paderborn, das seit 777 Stadtrechte besaß, war durch das mittelalterliche "Wehrverfassungsgesetz der Städte" aus dem Jahre 924 gezwungen, sich gegen feindliche und räuberische Überfälle selbst zu verteidigen. So schlug die Geburtsstunde der Bürgerwehr und somit des Schützenwesens in diesem Jahr. Diese Bürger-Schützen wurden in den einzelnen Bauernschaften der Stadt zusammengefaßt. Es waren Stadtbezirke mit gewachsenen Strukturen. Es gab ursprünglich fünf Bauerschaften, wovon eine (die "Giers"-Bauernschaft) später in der Maspern-Bauernschaft aufging, so daß sich die alte Innenstadt Paderborns (innerhalb der Stadtmauern, dem heutigen Promenadenverlauf) in die vier Stadtbezirke der Kämper-, Königsträßer-, Maspern- und Western-Bauerschaften verteilte.

Neun Jahrhunderte lang funktionierte diese fest gewachsene Struktur der Selbstverteidigung der Stadt bis zur französischen Revolution und der Besetzung der Stadt durch die napoleonischen Truppen, wodurch diese Strukturen zerschlagen wurden. Nach Abzug der Franzosen rückten die Preussen ein und eine Bürgerwehr war nicht mehr nötig. Es kam die Zeit der gesellschaftlichen Zusammenschlüsse und der Gründung von Vereinen.

Der letzte Kommandant der Paderborner Bürgerwehr, Kaufmann Andreas Ferrari, rief am 19. Mai 1831 Mitglieder aus den alten Bauerschaften der Kämper, Königsträßer, Maspern und Western zusammen und gründete mit ihnen in der Gaststätte Hoppe in der Grube (später Gaststätte "Bobbert") den Paderborner-Bürger-Schützenverein von 1831, den PBSV. Der ehemalige Chef der Bürgerwehr wurde zum ersten Major des Schützenvereins gewählt. Aus den Bauerschaften bildete man die Kompanien gleichen Namens. Gleichzeitig beschloß man, ein jährliches Schützenfest zu feiern. Um für den neuen, damals 261 Schützen zählenden Verein einen geeigneten Platz für ein Schützenfest zu finden, suchte man außerhalb der Stadtmauern ein trockenes, nicht bewohntes Gelände, wo auch die notwendigen Schießübungen durchgeführt werden konnten. Man fand in der Königsträßer-Hude nördlich der Stadt ein Heidegelände mit Sandboden, und erhielt von der Stadt Paderborn, die dem neugegründeten Verein von Anfang an positiv gegenüber stand, die Genehmigung, die Fläche nach eigenen Vorstellungen herrichten zu können. Es entstand der Schützenplatz, wie er in Deutschland wohl einzig dasteht. Später schloß man mit der Stadt einen langwährenden Erbbaurechtsvertrag, der am 8. Juli 1993 bis zum Jahre 2073 verlängert wurde, und stellte die Parklandschaft mit ihrem großartigen Baumbestand für die Bevölkerung ganzjährig zur Verfügung, heute eines der größten Naherholungsgebiete innerhalb der Stadt Paderborn.

Der PBSV verstand sich von Gründung an als Vereinigung aller Paderborner Bürger über soziale und religiöse Grenzen hinweg. Es sollte kein konfessionell gebundener Verein werden, wenn er sich auch zum Ziel gesetzt hatte, wie eh und je die Bauernschaften den Ehrendienst für kirchliche Veranstaltungen wie für politische Ereignisse zu übernehmen. In der stark katholisch geprägten Stadt Paderborn war es eigentlich selbstverständlich, daß der Schützenverein trotz seiner liberalen Satzung an der Seite des Paderborner Bischofs stand.

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts schien nach einer vorübergehenden Blütezeit des Schützenvereins ein Niedergang oder sogar die Auflösung des Vereins infolge äußerer (Kriege von 1866 und 1870/71, Choleraepedemie, Kulturkampf) und innerer (allgemeine Vereinsmüdigkeit, Mangel an Führungspersönlichkeiten) Einflüsse unvermeidlich. Der Paderborner Hotelier Wilhelm Löffelmann wurde in dieser Zeit Oberst und führte in dieser schweren Krise den Verein wieder zur Blüte und bereitete ihn auf die Herausforderungen des 20. Jahrhunderts vor. Löffelmann war von 1879 bis 1910 Kommandeur des PBSV, ohne ihn wären viele Einrichtungen und heutige Traditionen des Schützenvereins nicht denkbar. Er schuf eine moderne, den neuen Verhältnissen angepaßte Satzung; er gestaltete den Schützenplatz und ließ die ersten festen Gebäude und den ersten Schießturm auf dem Schützenplatz errichten. Er wurde zum Begründer des heute allgemein sehr beliebten Schützenfrühstücks am Schützenfest-Montagmorgen. Er stiftete Orden und setzte die neue, für alle verbindliche Uniform durch. Unter der Führung seines Nachfolgers Wilhelm Kaufmann, 1910 bis 1936, wurden die schon Ende des 19. Jahrhunderts auf dem Schützenplatz errichteten Gebäude um die große, im 2. Weltkrieg leider total zerstörte Festhalle erweitert. Er schloß erstmalig mit der Stadt Paderborn einen Erbbaurechtsvertrag bis in das Jahr 2023 (heute bis 2073) über das Gelände des Schützenplatzes. 1934 vollzog er den Beitritt des PBSV zur katholischen St. Sebastianus-Erzbruderschaft, konnte so aber nicht wie eigentlich beabsichtigt, den Verein vor den Nationalsozialisten in Sicherheit bringen. Die NSDAP löste 1936 alle nicht gleichgeschalteten Vereine auf, so daß der PBSV 1937/38 vor der Entscheidung stand, sich entweder dem westfälischen Heimatbund anzuschließen mit der Folge, kein Schützenfest in der traditionellen Form, sonder allenfalls ein Heimatfest feiern zu dürfen, oder dem nationalsozialistischen Deutschen Schützenbund. Man entschied sich für den Schützenbund und konnte so noch 1938 das althergebrachte Schützenfest durchführen, hatte allerdings nach dem Krieg mit den daraus resultierenden Konsequenzen zu leben.

Der Weltkrieg brachte Paderborn in den letzten Kriegswochen schwere Bombenangriffe mit verheerenden Zerstörungen. Davon blieb auch der Schützenplatz mit dem alten Schützenhaus und der neuen Festhalle - erst am 28. Juni 1931 feierlich eingeweiht -, mit dem herrlichen Baumbestand und dem hohen Schießturm nicht verschont. Die gesamte Anlage glich einem wüsten Trümmerfeld. Hinzu kam die große Not der Bevölkerung in den sehr kalten Wintern 1945/46 und 1946/47. Der hölzerne Schießturm und so mancher Baum mußten verfeuert werden. Viele Schützenbrüder waren gefallen, vermißt oder in Gefangenschaft. Und noch eine große Belastung kam auf den Schützenverein zu. Wegen der Zugehörigkeit des PBSV zum NS-Schützenbund wurde das noch vorhandene Schützenvereinseigentum beschlagnahmt und unter Verwaltung durch die Besatzungsmacht gestellt. All dies konnte den damaligen Schützenoberst Hans Sandhage nicht daran hindern, schon ab 1946 die Schützen um sich zu sammeln und an den Wiederaufbau zu gehen. Als Schützenverein durfte man sich aufgrund eines Erlasses der Militärregierung zunächst noch nicht betätigen. Dazu bedurfte es erst einer Entnazifizierung, die vorerst kaum erreichbar war. Zu dieser Zeit entschloß sich der PBSV, dem christlich-katholischen und somit völlig unverdächtigen und von der Vergangenheit unbelasteten Bund der Historischen Deutschen Schützenbruderschaften beizutreten und damit zu demonstrieren, daß das altehrwürdige Schützenwesen nichts mit der Wehrmacht und schon gar nichts mit der NS-Vergangenheit zu tun hatte. Dennoch dauerte es bis September 1950, ehe mit der Entnazifizierung die Vermögenssperre aufgehoben wurde und der Paderborner-Bürger-Schützenverein wieder in seiner alten Form auftreten konnte, zwischenzeitlich mußte der PBSV unter dem Namen Erzbruderschaft fungieren. Man hatte zwar in den Jahren 1947 bis 1950 Schützenfeste gefeiert, sie aber offiziell als Heimatfest deklarieren müssen, der Hauptmann wurde Bezirksvorsteher und der Oberst mußte Präsident genannt werden.

Der PBSV erwachte zu altem Glanze, nur das Schießen mit dem Gewehr auf Scheibe oder Holzadler war noch untersagt, deshalb schoß man bis 1958/59 mit der Armbrust, ein Exemplar hängt heute im Fahnensaal des Schützenhofes, ein weiteres in der ständigen PBSV-Ausstellung im Adam und Eva Haus, dem Paderborner Stadtmuseum.

Auch wenn der PBSV dem Bund dankbar ist für seinen Einsatz nach dem Krieg zugunsten des PBSV, so hat sich doch das Verhältnis merkbar abgekühlt, insbesondere seit Mitte der 90er Jahre, also seitdem der Bund massiv die Anerkennung als katholischer Verein anstrebt, wogegen der PBSV als Bürgerverein seiner Tradtition gemäß offen bleiben will für alle Paderborner Bürger, und somit eine außerordentliche Mitgliedschaft im Bund anstrebte, wogegen das Präsidium des Bundes plädierte. Allerdings konnte im November 2000 ein Austritt aus dem Bund vermieden werden, nachdem dieser die besonderen Strukturen des PBSV anerkannt hatte, so daß das traditionell gewachsene Vereinsleben des PBSV ohne Einschränkungen seitens des Bundes fortgesetzt werden kann. Inzwischen ist der PBSV nicht mehr Mitglied im Bund.

Zwischen dem Ende des 2. Weltkrieges und dem Ende des Jahrhunderts und Jahrtausends sind dann eigentlich fünf markante Eckpunkte zu erwähnen: der Wiederaufbau der im Krieg zerstörten Schützenhalle, der enorme Mitgliederzuwachs, die damit verbundene Gründung einer fünften Kompanie, die Gründung des PBSV-eigenen Sozialfonds Unterstützungsverein des PBSV, sowie der Neubau des Schützenhofes.

Schon seit Gründung des PBSV am 19. Mai 1831 hatte es Gebäulichkeiten des Vereins auf dem Schützenplatz gegeben. Den Mittelsaal gab es bereits 1885, damals ließ Oberst Wilhelm Löffelmann ein Bierzelt in einer dreiseitigen geschlossenen Holzkonstruktion errichten. 1889 schloß sich hieran in einer Leichtbauweise der Fahnensaal an. Ebenfalls wurde die Gaststätte in massiver Bauweise errichtet. Ende des 2. Weltkrieges wurden diese Gebäude, wie auch die zwischenzeitlich errichtete und am 28. Juni 1931 eingeweihte große Festhalle, durch Bombenabwurf zerstört. Dank der Initiative von Oberst Hans Sandhage wurde kurz nach dem Kriegsende mit der Wiedererrichtung der zerstörten Gebäude begonnen. So fanden die Bataillonswahlen bereits 1947 wieder im Blauen Zimmer statt. Ebenfalls fand 1948 der Lichtmeßball wieder seinen würdigen Rahmen in den neuen Räumen. In den 60er Jahren kam es unter der Leitung von Oberst Dr. Karl Auffenberg und so verdienten Mitgliedern wie Hauptmann Dr. Josef Uhle und Hauptmann Karl Thiel zu weiteren umfangreichen Renovierungsmaßnahmen. Diese enormen Leistungen waren nur Dank des selbstlosen Einsatzes vieler Schützenbrüder, die tatkräftig spendeten, zinslose Darlehen gaben und insbesondere Eigenleistung erbrachten.

Der PBSV nahm nach dem Krieg einen enormen Aufschwung und vergrößerte seine Mitgliederzahlen ständig, im Jahre 2000 auf mehr als 3.300 Schützenbrüder. Schließlich wurde der Verein so groß, daß ein gemeinsames Schützenfest aller Kompanien im Schützenhaus nicht mehr für alle befriedigend durchgeführt werden konnte. Ab 1954 begannen daher die Kompanien, auf dem Schützenplatz ringsum unter den alten hohen Bäumen mit dem Bau von Kompaniebauden jeweils ein festes Standquartier zu errichten, die sich immer mehr zu Zentren des Kompanielebens entwickelten. Ein Frühstück am Schützenfestmontag bei herrlichen Wetter mitzuerleben kann nur empfohlen werden.

Bestand der Verein zunächst aus vier Kompanien, so machte der enorme Mitgliederzuwachs die Gründung einer fünften Kompanie erforderlich. 1968 wurde aus der Maspern-Kompanie als größten Kompanie als Tochterkompanie die Heide-Kompanie gegründet, entsprechend der Ausdehnung im stark gewachsenen Stadtteil Heide. Auch diese Kompanie erhielt einen Bereich unter den Bäumen als Domizil zugewiesen. Mittlerweile ist der PBSV so gewachsen, daß die Maspern- und Heide-Kompanie die beiden größten Kompanien sind und rund die Hälfte der Mitglieder stellen.

Am 16. Januar 1987 wurde dann der Unterstützungsverein des Paderborner-Bürger-Schützenvereins von 1831 gegründet. Er hat sich zum Ziel gesetzt,bedürftigen Schützenbrüdern des PBSV und Hinterbliebenden dieser Schützen, sowie anderen hilfbedürftigen Bürgerinnen und Bürgern der Stadt Paderborn Hilfe zu leisten, insbesondere durch finanzielle Unterstützung. Darüberhinaus unterstützt der Verein soziale Einrichtungen und Organisationen der Stadt Paderborn.

Hatte die Wiedererrichtung der im 2. Weltkrieg zerstörten Gebäude auf dem Schützenplatz schnell den Schützenbrüdern wieder ein Domizil gegeben, so machten die enormen Investitionen in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts Anfang der 90er Jahre deutlich, daß dringende, kostenintensive, grundlegende Renovierungsmaßnahmen vom Vorstand eine Entscheidung erforderten: Renovierung von Grund auf oder Neubau-Alternativen. Schließlich faßte der Bataillonsvorstand am 21. November 1995 den Beschluß, Fahnen- und Mittelsaal neu zu bauen und die Gaststätte komplett zu renovieren, alles in Eigenregie des Paderborner-Bürger-Schützenvereins. Ab 12. August 1996 wurden Mittel- und Fahnensaal abgerissen, bereits am 12. September wurde der Grundstein für den neuen Schützenhof gelegt. Nach gut acht Monaten wurde der neue Schützenhof mit Andreas-Ferrari-Saal (dem früheren Mittelsaal), Fahnensaal, Hofstübchen und Schänke am Pfingstmontag, den 19. Mai 1997, im Beisein von Erzbischof Dr. Johannes Joachim Degenhardt feierlich eröffnet. Auch der der Stadt gehörende große Saal erhält einen neuen Namen: Hanse-Saal. Der PBSV hat mit der Stadthallenbetriebsgesellschaft einen kompetenten Pächter für dem den Verein gehörenden Schützenhof einschließlich der großzügig ausgerichteten Küche gefunden.

Bis 1982 hatte es mehr als 30 Jahre auf dem Schützenplatz hochwertige Reiturniere gegeben, 2003 lebte diese alte Tradition wieder auf. Dank der Initiative von Oberstleutnant Matthias Stute und in Zusammenarbeit mit der Stadt Paderborn, Reitsportvereinen, dem PBSV, der Stadthallenbetriebsgesellschaft und der Hagener Veranstaltungsagentur En Garde Marketing GmbH findet seit 2003 alljährlich auf dem Schützenplatz ein internationales Reitturnier statt. Namensgeber ist der Hauptsponsor und so hieß das Turnier 2003 noch "Pesag Pader Challenge" und seit 2004 "E.ON Westfalen Weser Challenge". Nachdem 1996/1997 der Schützenhof umgebaut worden war, wurde nun in den Jahren 2003 und 2004 der Schützenplatz völlig neu gestaltet, um den großen internationalen Reitturnieren gerecht zu werden.

Der Paderborner-Bürger-Schützenverein zählt derzeit 4.200 Mitglieder.